Sonnets für Salka

That time of year thou mayst in me behold,
When yellow leaves or none or few do hang
Upon those boughs which shake against the cold
Bare ruind choirs where late the sweet birds sang.
Shakespeare, Sonnet 71

Ich liebe dich, frag‘ nicht nach Gegenlieb‘,

Denn kein Geschäft ist’s, so wie ich zu lieben;
Die Liebe traf mich wie des Schwertes Hieb,
Der Adam aus dem Paradies vertrieben.
Ich sage dir den Weg, der dich vor Schuld,
Vor Schmerzen und vor Irrtum wird bewahren:
Nur wenn du mir für immer deine Huld,
Dein Lächeln nimmst, kann ich mich offenbaren.
Wie sehr ich liebe! Alles ist bereit,
Die Herrin meiner Seele zu empfangen.
Behalte deine ird’sche Zeitlichkeit,
Denn auf dein Ewiges geht mein Verlangen.
Der Sonne gleich, die hoch am Himmel steht,
Gibst du mir Licht, der nichts als dein Planet.

Im Buch des Äthers hab‘ ich dich gelesen,

Erblickt dein heiter himmlisches Gesicht,
In dem sich spiegelte ein andres Wesen
Voll Schönheit, Anmut, Ewigkeit und Licht.
Von diesem Buch will nie zurück ich wenden
Die Augen meiner Seele in die Pein,
Aus der du es erlöst mit Wonneblenden,
Du duftendes, kostbares, bitt‘res Sein.
Zwar bist du als ein Menschenweib gestaltet.
Doch einer Göttin Leidenskraft erstrahlt
Von deiner Stirn, die nimmermehr veraltet
Als eine Schönheit, die in Geist gemalt.
Vergib mir, wenn ich allzu sehr dich mag,
Da ich doch klaglos mein Geschick ertrag.

Ein Frauenkopf geht mir nicht aus dem Sinn,

So schön und hoheitsvoll und doch so sehr
Durchfurcht von Schmerzen, dass ich ratlos bin,
Wie so hinfällig sein kann, was so hehr.
Ich denke sorgenvoll an das Profil,
In das die Zeit schon tiefe Marken ritzt,
Im Vers es aufzuheben ist mein Ziel,
Weil er zu überdauern Kraft besitzt.
Ganz unerträglich ist die Vorstellung,
Dass diesen Liebreiz einst der Tod verschlingt
Und nicht erst künftig ihn verwest zu Dung,
Sondern schon jetzt, während mein Lied erklingt.
Erbarmungslose Mörderin du, Zeit,
Ich sag dir Kampf an bis in Ewigkeit.

Nur Warten, Warten, Warten ist mein Amt,

Ob du mit einem Lächeln mich bedenkst.
Warum hast du zum Warten mich verdammt,
Während du andre reich mit dir beschenkst?
Ihn, der dich knechtete, ziehst du mir vor,
Verschanzt dich hinter Ehepflichten und
Leihst mir nicht einmal mehr am Draht das Ohr,
Behandelst mich wie einen läuf‘gen Hund.
Ja, du hast recht: des Mannes Liebe ist
Viel mehr nicht wert als ein Verdauungsakt.
Hau, Köter, ab! Wenn du dich nicht verpisst,
Wird dir was Wichtigeres abgehackt!
Sarkasmus ist die letzte Zuflucht oft,
Wenn einer, nichts erwartend, alles hofft.

Wär ich doch eine Frau! Vertrauensvoll

Kämst du zu mir mit deinem ganzen Leid,
Entrichtetest der Tränen bittern Zoll,
Liessest mich schau’n in jede Traurigkeit.
Ich böte dir der besten Freundin Brust,
Die immer Zeit hat, zuhört, tröstet, rät,
Und die, wenn du mal um dich schlagen musst,
Die Wange hinzuhalten nicht verschmäht.
Dein Leben wäre meins und ungetrübt
Von jenem Misstraun zwischen Mann und Frau,
Das immer aufkommt, wenn es heisst, er liebt,
Errichteten wir treuer Freundschaft Bau.
Verfluchter Phallus, der dies Glück mir raubt,
Verflucht der Zufall, der ihn angeschraubt!

Vollkommenheit, ich habe dich gesehn,

Gehüllt ins Lächeln einsam-stiller Frau,
Und muss ich eines Tags von dannen gehn,
Dass ich sie sah, das weiss ich dann genau.
Da uns das Leben die Vereinigung
Mit allen Mitteln zu verlegen droht,
Verschafft mein Schmerz sich bittre Linderung,
Erträumt als Kuppler sich Gevatter Tod.
Dann senkst du über mich der Locken Zelt,
Lässt mich die Alabasterbrüste schaun,
Und küsst mir von den Lippen diese Welt,
Das Leben weg, du schönste aller Fraun.
Was für ein Unfug ist die Leidenschaft,
Dass sie noch aus dem Tod sich Lust errafft.

Warum hat Dante, um sein Werk zu schreiben,

Mit Beatrice nicht das Bett geteilt?
Und warum ist, mit Laura es zu treiben,
Petrarca nicht nach Avignon geeilt?
Warum ging Hölderlin, der Unglücksrabe,
Seiner Diotima nicht unters Hemd?
Warum blieb Thomas Mann, als ihn ein Knabe
Mit Zärtlichkeit erfüllte, diesem fremd?
Warum hat sich Franz Kafka von Felice,
Die ihm so viel bedeutete, getrennt?
Warum braucht jeder eine Beatrice,
Der Dichter ist und sich nicht nur so nennt?
Weil Liebe nur, wenn der Verzicht sie würzt,
Ein Hirn ins schöpferische Chaos stürzt.

Mit wieviel Schmerzen lasse ich dich ziehn

Und stütze noch das ganze Unterfangen;
Ich seh dich einsam, isoliert verglühn,
Du Sonne meines Seins, und voller Bangen
Verfolg‘ ich, wie du in die Falle rennst,
In der die Hoffnung liegt als süsser Köder –
O dass vor Hoffnung du auch immer brennst
Und gar nicht merkst, wie um dich öd‘ und öder
Das Leben wird, weil dein geliebter Feind
Dich ganz allein genussvoll will verzehren!
Ich hör‘, wie bitterlich dein Elend weint,
Denn vieles kannst du, alles nicht entbehren.
Und weil du glaubst, auch ich wollt‘ dich verschlingen,
Verberg‘ ich in der Einsamkeit mein Singen.

Wenn du dereinst ein altes Weiblein bist

Und Rückschau hältst, was dir das Leben brachte,
Wenn du das harte Brot des Alters isst,
Ganz langsam gehst und sprichst und sachte, sachte
Der Tod hervortritt hinterm Samtvorhang,
Der ihn so lange gnädig hat verborgen:
Gedenkst du seiner, der dich oft umschlang,
Doch meiner auch, da bin ich ohne Sorgen.
Nicht einmal hab‘ ich dich Wunder von Frau
Im Arm gehalten und geführt zum Tanz,
Verweigert blieb mir deines Mundes Tau,
Der Zauber unsrer Liebe war Distanz.
So denkst du dann in Alter und Vergehn:
Er ist der Einzige, der mich gesehn.

Kehr ich im Stillen, Schöne, bei dir ein,

Dann frage ich mich oft, wie ich’s ertrüge,
So anmutsvoll, so schön und klug zu sein,
So tief wahrhaftig noch bei jeder Lüge.
Wie ich’s ertrüge, hätt‘ ich dein Geschlecht
Und wär‘ von dir durch gar nichts mehr geschieden:
Es wär zu viel des Glücks, wäre nicht recht,
Ist Menschenkindern nicht erlaubt hienieden.
Und dennoch kehr ich, Schöne, bei dir ein,
Weil ich an deinem Duft mich will erfrischen,
Seit ich dich kenne, will ich ich nicht sein,
Will mich mit deinem dunklen Dasein mischen.
Und schmelze ich dann vor Entzücken hin,
Ahn‘ ich ihn wieder, den verlornen Sinn.

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